Alexander Weikel | 06/05/20 | Kategorien: finanzberatung, kapitalanlage
Inhaltsverzeichnis
Die wirtschaftlichen Folgen der „Corona-Krise“ sind nicht absehbar. Die Risiken für Kapitalanleger ändern sich fundamental, da klassische, als konservativ geltende Kapitalanlagen ins Zentrum der Risikobetrachtung rücken.
Bevor wir wussten, dass es Viren mit dem Namen Corona gibt, war Kapitalanlage bereits ein schwieriges Thema. Klassische Kapitalanlagen wie Bankanlagen und Immobilien brachten keine zufrieden stellenden Erträ-ge und auch Bauspar- und Versicherungsanlagen haben unter den niedrigen Marktzinsen gelitten.
Corona und die Folgen
Die wirtschaftlichen Konsequenzen des weltweiten Lockdowns werden groß, vielleicht sogar verheerend sein. Bereits vor der Krise sprachen die Fachleute da-von, dass eine tiefgreifende, europäische Finanzkrise bevorstehe, da die Verschuldungsstände vieler Länder dramatische Höhen erreicht hätten. Eine Lösung dieser Schuldenspirale ohne einen Finanzcrash war nicht denkbar und ein Scheitern des Euro vorbestimmt. Eine Währungsreform zu einem Euro-Nachfolger oder nati-onalen Währungen wäre unausweichlich und würde einen Schuldenschnitt auch auf Kosten von Bankeinla-gen bedeuten.
Als ob dieses Szenario nicht für ausreichend schlaflose Nächte gesorgt hätte, kommt nun die „Corona- Krise“ und nötigt die Regierungen dazu, billionenschwere Stützprogramme aufzulegen, um eine drohende Rezes-sion zu verhindern oder abzumildern. Es ist stark zu bezweifeln, dass dieser Plan aufgeht. Die Schuldenstän-de der Länder werden hierdurch weiter extrem aufge-bläht. Allein Italien hatte vor der Krise einen Schulden-stand von 135% des Bruttoinlandsprodukts und es wird prognostiziert, dass der Schuldenstand Ende 2020 bei 170-180% liegt; das ist dramatisch. Trotzdem kann es sein, dass eine tiefgreifende Finanz-krise noch einige Jahr weit weg ist. Sollte die EZB wie-der ein umfassendes Stützprogramm für Notleidende Staaten auflegen, könnte es einen Crash um viele Jahre verzögern, in denen ein Aufschwung nach der „Corona-Krise“ für Börsenhöchststände sorgen könnte. Vielleicht besinnt sich die EU aber auch darauf, dass es sinnvoll wäre, Italien aus dem Euro auszuschließen, damit es sich mittels einer Rückkehr zur Lira und de-ren Abwertung gegenüber dem Euro erholen und zu wirtschaftlicher Stärke zurückkehren kann. Dies könnte unter Umständen eine Finanzkrise verhindern. Letzten Endes ist alles Spekulation, denn niemand weiß, was kommen wird. Und auch Vermögensverwalter wissen nicht, was kommen wird, auch wenn sie das noch so vehement proklamieren.
Chancen und Risiken für Kapitalanleger
Wer heute Kapital in Bausparverträgen, Kapitallebens-versicherungen und insbesondere auf Bankkonten ge-parkt hat, geht sehr hohe Risiken ein. Eine Währungsre-form oder auch eine Bankenpleite könnte große, nach-haltige Verluste bedeuten. Der Einlagensicherungsfonds ist nur minimal gefüllt und reicht bei Weitem nicht aus und ein Eintreten des Staates ist bei einer europäischen Finanzkrise eher unwahrscheinlich. Die Einlagensiche-rung des Deutschen Staates ist nur eine Willenserklä-rung, aber kein Gesetz.
Das Mittel der Wahl bleibt ein gut strukturiertes In-vestmentportfolio aus kostengünstigen Exchange Tra-ded Funds (ETF). An der Struktur muss kontinuierlich festgehalten werden und nur die Veränderung der persönlichen Situation oder Risikoneigung sollte zu ei-ner Anpassung des Portfolios führen. Die Spekulation über den richtigen Anlagezeitpunkt (Timing) führt lang-fristig immer zum Verpassen von Renditen (siehe Stu-die von Javier Estrada aus dem Jahr 2007). Wer es emotional aufgrund der außergewöhnlichen Situation nicht schafft, sein komplettes, freies Kapital am Wertpapiermarkt zu investieren, könnte den Weg des „Teilinvestments“ gehen. Das bedeutet, dass der anzulegende Betrag in eine bestimmte Anzahl Tranchen unterteilt wird und diese ratierlich, z.B. monatlich investiert werden.
Fazit
Besondere Zeiten erfordern besondere Entscheidungen. Kapitalanlage in der jetzigen Zeit birgt weniger Schwie-rigkeiten in den Möglichkeiten der Umsetzung als viel-mehr in der Emotionalität. Die Risiken sind heute in der Breite deutlich höher als noch vor wenigen Jahrzehnten. Umso wichtiger ist es, der Kapitalanlage als Grundlage eine umfassende Finanzplanung voranzustellen. Kapital ist in den meisten Fällen „nur“ Mittel zum Zweck. Vielen dient es zur Aufstockung der Ruhestandsversorgung und muss daher nicht zu einem festgelegten Zeitpunkt in Gänze zur Verfügung stehen. Ist der Finanzplan seriös und realistisch konzipiert, wird auch eine Finanzkrise die finanzielle Versorgung nicht in Gefahr bringen.
„Die Aussicht auf bessere Zeiten ist in schlechten Zeiten besser, als in guten Zeiten.“
Immer mehr Menschen sind in der glücklichen Situation, über ein nennenswertes, liquides Vermögen zu verfügen, das aus einem Erbe, aus dem Verkauf einer Immobilie oder aus einer Abfindung stammt. Die Verwahrung auf Giro-, Tages- oder Festgeldkonten bedeutet geringe Zinsen und auch die Inflationsrate sorgt für Unsicherheit.
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